abi ’85

Unser Jahrgang

Rede zur Entlassungsfeier in Hankensbüttel am 29. Juni 1985

von Bruno König

Wenn ich als Eltern – weibverloren
bin von den Abis auserkoren,
heut sprechen soll, wie mir’s zumute,
so halt das Alter mir zugute,
daß ich’s nicht kann, wie es sein müßte,
weil mich noch nie die Muse küßte.
Und bin ich auch ein kleines Licht,
dem es an Geist und Witz gebricht,
vernehmet doch in dieser Runde,
paar Sätze aus des Königs Munde.

Als ich noch froh die Schulbank drückte,
Latein und Griechisch mich entzückte
und deutsche Sprache mich beglückte,
als Platons Staat, Horaz, Ovid,
empfunden nicht als Störenfried,
als Goethe, Schiller, Kleist und Miegel,
in mir geprägt noch klares Siegel,
da hat noch Schillers Glock‘ geläutet
und allen hat das was bedeutet.

Errötend noch vom Mädchen Gruß,
und wagten nicht den ersten Kuß,
und wenn des Mädchens Brust sich hebte,
daß unter uns die Erde bebte,
was waren das doch nur für Zeiten,
die heute uns noch freud bereiten.
Und sprechen wir heut vom Erröten,
da kommen wir schon in manch‘ Nöten.
Gewandelt hat sich die Palette,
die uns so viel zu sagen hätte.
Wir war’n auch Jugend – war’n es gerne,
uns trieb es auch in weite Ferne.

Die Zeiten gehn und wandeln sich.
Das hat auch Gutes – sicherlich.

Wir sagen nicht, schaut auf uns Alten,
wir konnten noch die Welt gestalten.
Die Jugend heut ist schlechter nicht.
Das Leben nimmt sie schon in Pflicht.
Nur schwerer hat sie’s, möcht ich meinen,
die Zeiten nicht so rosig scheinen.
Wer will zur Uni sich begeben,
wird das auch reichen für das Leben?
Es kommen heut schon manche Sorgen,
gibt es denn wirklich beß’res Morgen?
In all den langen dreizehn Jahren,
da noch die Abis Schüler waren,
da gab es nicht nur Sonnenschein,
da schlich sich auch viel Kummer ein.
Nicht alle waren Musterschüler,
und Streber gar und arge Wühler.
Doch, gebe es nur die allein,
so möcht ich niemals Schüler sein.

Auch manche Lehrer, diese Recken,
die wollten wohl nicht allen schmecken.
Sie diskutierten Diskussionen,
ob überhaut sich solche lohnen.
Das mag auch gut sein – unentbehrlich,
doch das allein ist auch gefährlich.
Der Mensch noch immer, liebe Leute,
bleibt stets die Mitte hier und heute.

Und danken müssen wir wohl auch,
nicht nur, weil es bei solchem Anlaß Brauch.
Nein, wer nicht dankbar in der Welt,
der weiß nicht, was zusammenhält.
Der weiß nicht, daß auch hier auf Erden
durch Lieb und Dank kann’s anders werden.
Der Dank gebührt der Lehrerschar,
die jahrelang ein Vorbild war.
Der Dank gebührt auch Doktor Korn,
und niemand denkt an ihn im Zorn.

Wir danken auch den jungen Leuten,
die uns als Eltern viel bedeuten,
daß sie in dieser wüsten Zeit
gemacht auch uns das Herze weit.
Wir sind voll Stolz, daß sie am Ziele
und daß es sind auch diesmal viele.

Und nun die lieben jungen Fohlen,
die seien gerne Gott befohlen.
Und wenn die Freud‘ die Welt regiert
und nicht die Gier herrscht ungeniert,
wenn Anstand, Würde uns begleiten,
werd’n wir die Zukunft auch bestreiten.
Und lebt in Eintracht, lebt in Frieden,
auch Kinder seien euch beschieden.
Es sagt der Strauß und auch der Kohl,
viel Kinder, ja, die hätt‘ ich wohl, denn,
wenn die Menschen nicht mehr fleißig,
dann sind im Jahr zweitausenddreißig
die Hälfte aller Deutschen nur
in unsrer schönen Heimatflur.
Und Schwarze, Gelbe, Bunte, Braune
verderben Deutschen dann die Laune.
Drum, mein Appell, so spricht Herr Srauß:
»Nun breitet euch mal gründlich aus.
Wie soll’n, die dann noch bei uns wohnen,
bezahl’n die Renten und Pensionen?«

Ihr seht die schöne Abifeier,
politisch wird sie – ohne Schleier.
Politiker – ich sag’s als König,
sie reden viel – und sagen wenig.
Nun geht hinaus – macht euer Glück
und schauet vorwärts – nicht zurück!
Damit – bei aller Rederei:
Das Leben voller Freude sei!

Ich danke Ihnen!